Mit Anregungen und Anreizen umweltfreundliches Verhalten fördern
Im Februar 2022 gab der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) bekannt, viele Folgen der Erderwärmung seien irreversibel, es bleibe aber noch Zeit, das Schlimmste zu verhindern. Die Begriffe Klimawandel und Nachhaltigkeit sind uns sehr vertraut, doch im Alltag wissen wir oft nicht, wo wir ansetzen sollen. Ob und wie sich Großkonzerne für die Nachhaltigkeit engagieren, wird genau beobachtet und oft kritisiert, doch was können wir in unserem eigenen Umfeld tun, um den Planeten zu schützen?
„Terum ist eine Social App für Umweltfreundliche“, erklärt Julia Marhan in ihrer Wohnung in Washington, USA. „Und damit meine ich Menschen wie Sie und mich, die aktiv werden wollen, um den Planeten zu schützen.“ Die Vision von Terum ist eine Welt, in der sich der Lebensstandard erhöhen lässt, ohne dem Planeten zu schaden, und in der die Menschen umweltgerecht handeln können.“
Julia ist Mitgründerin und CEO von Terum, das 2021 gegründet wurde, und hat das Executive MBA-Programm an der Kellogg-WHU absolviert. Sie kann einen beeindruckenden Lebenslauf vorweisen und hat bereits für große Namen wie Nestlé und IBM gearbeitet. Zuletzt war sie Vice President Enterprise Applications für B.Braun, ein deutsches Medizin- und Pharmaunternehmen mit über 63.000 Beschäftigten in aller Welt. „Ich war beruflich sehr erfolgreich“, so Julia, „und hätte vermutlich immer so weitermachen können. Doch nach dem EMBA stellte ich mir die Frage, was ich im Leben wirklich wollte. Ich war beruflich in eine bestimmte Richtung unterwegs, aber ich hinterfragte, ob mich das glücklich machte. Auf dieser Grundlage entstand die Idee, ein Unternehmen zu gründen. Als wir in die USA zogen, wurde mir die Entscheidung geographisch aus der Hand genommen. Ich hätte mühelos einen neuen Job finden können, aber ich wagte das Risiko und gründete stattdessen ein Start-up.“
„Auf das, was am anderen Ende der Welt passiert, hat man vielleicht keinen Einfluss, aber man kann verändern, was in unmittelbarer Nähe geschieht.“
Die Idee der Gemeinschaft bildet die Grundlage für Terum. Die App bietet eine Plattform, auf der sich Gleichgesinnte vernetzen, Kenntnisse weitergeben und praktische Lösungen für aktive Maßnahmen finden können. Zudem gibt es mit Tercoins eine eigene Währung, damit Nachhaltigkeit nicht nur für diejenigen ein Thema ist, die es sich leisten können. Organisationen und Einzelpersonen können diese Tercoins verdienen und dafür nachhaltige Produkte erwerben.
„Wir sehen bei Menschen mit einem hohen Lebensstandard, die sich in ihrer jetzigen Lage sehr wohl fühlen, eine geringere Bereitschaft zum Wandel. Andere wiederum haben drängendere Probleme als Mülltrennung oder den Einkauf auf dem Bauernmarkt. Wir möchten zu kleinen Verhaltensänderungen anregen, die weitreichende Entscheidungen anstoßen, und allen, die finanziell weniger gut dastehen, die Möglichkeit zu derartigen Entscheidungen geben. Für jede positive Maßnahme wird man mit Tercoins belohnt, einer grünen Währung. Wir haben die Vision, dass diese Währung irgendwann nicht mehr nur auf die App beschränkt ist, sondern man damit auch außerhalb nachhaltige Produkte kaufen kann. Wir möchten gewerbliche Anbieter gewinnen, die dieses nachhaltige Verhalten belohnen, und damit einen Kreislauf in Gang setzen.
„Die Kellogg-WHU war für mich als Gründerin und CEO eine treibende Kraft.“
Julia kam 2018 an die Kellogg-WHU, weil sie sich beruflich neu aufstellen wollte. „Ich hatte den Eindruck, dass ich Inspiration und Wissen von außerhalb brauchte, um mein Potential richtig auszuschöpfen. Ich wollte mich persönlich und beruflich weiterentwickeln, und das gab ursprünglich den Ausschlag für den Executive MBA.“
Auf die Frage, wieso sie sich ausgerechnet für die Kellogg-WHU entschied, nennt sie die Studienform, das Renommee der Hochschule sowie die diverse Studierendenschaft. „Allein in meinem Jahrgang waren schon viele verschiedene Nationalitäten vertreten. Damit war das Studium eine sehr wertvolle und einzigartige Erfahrung. Zudem hat die Studienform mir erlaubt, Beruf und Familie mit der Weiterbildung unter einen Hut zu bringen. In Leadership-Veranstaltungen ging es um unsere Werte und um das, was unserem Leben Sinn gibt. Dadurch weckte in mir die Vorstellung, dass man etwas tun sollte, das einem wichtig ist. Dazu gab es weitere Kurse zu Entrepreneurship und strategischer Innovation. Ich glaube, sie haben mich darin bestärkt, dass ich den Mut und die Einstellung habe, die man als Unternehmerin braucht. Bin ich risikobereit? Nehme ich in Kauf, dass ich scheitern könnte?“
Das EMBA-Programm der Kellogg-WHU ist für sein globales Netzwerk mit sieben Campussen weltweit und über 65.000 Alumni bekannt. Dieses Netzwerk aus Führungskräften hat Terum in der Anfangsphase mitgestaltet. „Ich hatte das Pitch Deck geteilt, und das Netzwerk half mir dabei, es weiter einzugrenzen. Da ich jetzt in den USA lebe, habe ich viele Kontakte, die mich auch beim Umzug sehr unterstützt haben. Manchmal handelt es sich dabei um berufliche Zusammenarbeit, manchmal ist es aber auch nur eine Unterhaltung beim Kaffee oder jemand, mit dem man sich über Ideen austauschen kann.“
Wenn Julia heute als Gründerin auf ihre bisherige Karriere zurückblickt, ist sie sehr zufrieden. „Ich bin glücklich. Ich habe das Gefühl, dass ich das Richtige tue und mein Wissen für etwas Sinnvolles nutze. Jetzt stehe ich morgens nicht auf und gehe zur Arbeit, sondern die Arbeit entsteht durch mich. Ich möchte für diese Sache kämpfen. Viel Geld verdiene ich damit nicht. Die Gegenleistung ist das, was aus den Partnerschaften zurückkommt, die in der Community entstehen. Die Gegenleistung besteht darin, dass aus der Idee etwas Greifbares wird.“