Online-MBA Studentin Rossy Pfingsttag im Interview
Dr. Rossyani (Rossy) Pfingsttag hat das „Women in Business“-Stipendium 2024 der WHU – Otto Beisheim School of Management erhalten. Die Indonesierin lebt in Jakarta und studiert im Global Online MBA Programm. Rossy ist herzlich, aufgeschlossen und lacht viel und gern. Als studierte Medizinerin arbeitet sie derzeit beim deutschen Pharmakonzern Bayer. Sie ist Expertin für Pharmakovigilanz – die Wissenschaft zur Aufdeckung, Bewertung und Prävention von Nebenwirkungen und anderen unerwünschten Arzneimittelwirkungen.
„Ich bin durch Zufall in der Unternehmenswelt gelandet“, sagt sie. „Meine Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf den Bereich der Compliance. Unsere Betriebslizenz ist an die Einhaltung ethischer Standards gebunden. Um in meiner Rolle noch effektiver zu sein, möchte ich Compliance mit Business-Strategie verbinden und eine Brücke zwischen diesen beiden Bereichen schlagen.“
Durch das MBA-Studium will Rossy ihr medizinisches Fachwissen und ihre Erfahrungen in der Gesundheitsbranche um betriebswirtschaftliche Kenntnisse erweitern. Das ist nicht nur für ihre aktuelle Tätigkeit von Vorteil, sondern eröffnet ihr auch neue Karrieremöglichkeiten.
Die Verbindung zu Deutschland
„Ich freue mich sehr über die Möglichkeit des Online-MBA, da meine Familie in Jakarta lebt und ich einen kleinen Sohn habe. An einer deutschen Hochschule zu studieren, war für mich naheliegend, denn ich arbeite für ein deutsches Unternehmen und fühle mich der deutschen Unternehmenskultur stark verbunden. Es ist wertvoll für mich, Einblicke in die deutsche Arbeitskultur zu gewinnen. Außerdem kommt mein Mann aus Deutschland; ein Netzwerk vor Ort ist von Vorteil, falls wir uns irgendwann entscheiden, nach Deutschland zu ziehen.
Für die WHU habe ich mich wegen ihres ausgezeichneten Rufs entschieden. Eine kurze Online-Recherche genügt, um zu sehen, dass sie zu den führenden Business Schools gehört. Zudem habe ich über LinkedIn eine Absolventin des vorherigen Jahrgangs kontaktiert, die mir von ihren unglaublich wertvollen Erfahrungen erzählte, die sie an der WHU gemacht hat. Von da an wusste ich, dass ich Teil der WHU-Community sein will.“
Geschlechtsspezifische Erwartungen
Im Gespräch über ihre Bewerbung für das WHU-Stipendium spricht Rossy über die Herausforderungen, die ihr als Frau im Berufsleben begegnen: „In manchen Kliniken, insbesondere in der Dermatologie oder der Schönheitsmedizin, wird im Bewerbungsprozess nach dem Body-Maß-Index (BMI) gefragt. Diese Frage ist so üblich, dass sie teilweise sogar in den Stellenausschreibungen steht. Manchmal gehört zu den Anforderungen auch, dass Bewerberinnen nicht älter als 35 alt Jahre sind und attraktiv aussehen.
Arbeitgeber stellen Frauen im Bewerbungsgespräch oft persönliche Fragen, etwa ob man plant zu heiraten oder Kinder zu bekommen. Mir ist das auch passiert. Ich hatte gerade einen Arbeitsvertrag unterschrieben und erfuhr kurze Zeit später von meiner Schwangerschaft. Als ich meinen Arbeitgeber darüber informierte, hieß es plötzlich, der Vertrag sei ungültig. Ich habe auch erlebt, dass nur weibliche Führungskräfte gefragt wurden, wie sie die Balance zwischen Beruf und Privatleben schaffen – oder dass von ihnen erwartet wurde, Karriere zu machen und sich gleichzeitig um Haushalt und Kinder zu kümmern.“
Wir sprechen auch über kulturelle Unterschiede, insbesondere über die Erwartungen, die an Frauen in Asien gestellt werden. „Als Töchter wird von uns erwartet, dass wir uns um unsere alternden Eltern kümmern“, erklärt sie. „Wenn wir Frauen internationale Führungspositionen anstreben, müssen wir oft persönliche Opfer bringen. Deshalb sind weibliche Vorbilder extrem wichtig. Wie kann ich als junge Frau meine Ziele erreichen, wenn ich überhaupt keine anderen Frauen in diesen Positionen sehe?“
Die Rolle von weiblichen Vorbildern
Obwohl Rossy im Lauf ihrer Karriere einigen Herausforderungen begegnet ist, hatte sie das Glück, weibliche Vorbilder zu haben. „Eine ehemalige Chefin von mir zog als ärztliche Direktorin viel um. Ihre Familie nahm sie mit. Sie hat den traditionellen Erwartungen an asiatische Frauen getrotzt. Ihr Mann zog immer mit ihr mit und unterstützte sie. Sie machte Karriere und war gleichzeitig eine hingebungsvolle Mutter. Weibliche Mentorinnen sind unglaublich wichtig, denn sie verstehen die konkreten Herausforderungen, vor denen Frauen stehen. Sie kennen die Hürden, die es zu überwinden gilt.“
Rossy hofft, durch die aktive Förderung von Mentoring-Programmen und mit ihrem eigenen Karriereweg ein Vorbild für andere Frauen an der WHU und aus ihrem Netzwerk zu sein und diese bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen. „Ich lebe in einer Kultur, in der viele Frauen ihren Beruf aufgeben, sobald sie heiraten oder ein Kind bekommen. Ich werde manchmal gefragt, warum ich arbeite, obwohl mein Kind noch so klein ist. Vielen fällt es schwer zu verstehen, dass ich das für mich selbst tue. Für meine persönliche Verwirklichung. Männern werden solche Fragen nicht gestellt, warum also stellt man sie uns Frauen?“