Finanzierungsrunden, Exits, Übernahmen und Börsengänge von WHU-Start-ups im 3. Quartal 2025
Kann es der Europäischen Union gelingen, ein eigenes dezentrales Silicon Valley zu schaffen? Mit einer EU-weit einheitlichen Unternehmensstruktur, der sogenannten EU-INC, käme man diesem Schritt zumindest schon einmal einen Schritt näher. Die von der europäischen Start-up- und Wagniskapital-Community getragene Initiative hat das Ziel, in der EU eine einheitliche, paneuropäische Rechtsform für Start-ups einzuführen. Damit würde zumindest für Neugründungen die Fragmentierung der unterschiedlichen nationalen Gesetzgebungen überwunden; Gründung, Verwaltung und Investitionen würden durch eine komplette Digitalisierung stark vereinfacht und Dokumente sowie Prozesse innerhalb der EU vereinheitlicht. Ein Projekt, das langfristig auch dazu dienen soll, ein stärkeres Gegengewicht zum Start-up-Ökosystem der USA aufzubauen.
„Wir haben in Europa fantastische Start-ups, aber allzu oft gehen diese bei ihrem nächsten Wachstumsschritt dann doch in die USA. Grund dafür sind nicht zuletzt die vielen Hürden, die Start-ups in der EU vorfinden. Die Initiative will genau da ansetzen – mit dem Ziel, dass so Unternehmen entstehen, die die Rolle Europas in diesem wichtigen Wirtschaftszweig hervorheben und stärken“, sagt Maximilian Eckel, Direktor des WHU Entrepreneurship Centers. „Start-ups sind wichtig für die Wirtschaft: Mit ihren Innovationen könnten sie in vielen Fällen Alternativen zu US-Firmen bieten und konkrete Probleme der lokalen Industrie angehen. Auch viele Mitglieder der WHU Community unterstützen die Initiative EU-INC.“
Obwohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und weitere EU-Kommissare sich offen für die Initiative gezeigt haben, steht die Umsetzung noch vor großen politischen und juristischen Herausforderungen. Erforderlich für die Einführung der EU-INC-Rechtsform ist ein EU-weiter Gesetzgebungsprozess, bei dem alle Mitgliedsstaaten zustimmen müssen oder zumindest kein Veto einlegen dürfen. Zudem bleiben die Steuersysteme national geregelt, auch wenn EU–INC eine einheitliche Rechtsform bietet. Zusätzlich könnten einige Länder eine Benachteiligung ihrer eigenen Rechtsformen (in Deutschland zum Beispiel die der GmbH) sehen. Es stellen sich außerdem die Fragen, wo Gerichtsstreitigkeiten ausgetragen werden oder wer die Compliance der Start-ups überwacht. Bis zur Einführung einer gemeinsamen EU-Rechtsform für Start-ups gibt es also noch einiges zu klären – „aber das ist ein wichtiges Thema, und wir freuen uns, dass nun offenbar erste Schritte in diese Richtung unternommen werden“, sagt Eckel.
Wie sich die Start-ups von WHU-Gründenden auch ohne neue Rechtsform in den Monaten Juli bis September 2025 geschlagen haben, zeigt die folgende Übersicht:
Juli
- Supplied, ein Legal-Tech-Start-up mitgegründet von WHU-Alumnus Johann Rozario (ExecEd 2013), hat in einer Seed-Finanzierungsrunde 1,6 Millionen Euro eingesammelt. Ziel des Unternehmens ist es, juristische Dienstleistungen digital leichter zugänglich und effizienter zu gestalten.
- Eine späte Finanzierungsrunde konnte McMakler abschließen. Das Berliner PropTech, mitgegründet von WHU-Absolvent Felix Jahn (D 2006), gehört zu den führenden digitalen Immobilienmaklern in Deutschland.
- Das brasilianische FinTech NG.CASH überzeugte Investoren in einer Serie-B-Finanzierungsrunde von mehr als 24 Millionen Euro. Mitgründer und WHU-Alumnus Luis Felipe Carvalho (MSc 2004) baut gemeinsam mit seinem Team eine digitale Bank für die Generation Z in Lateinamerika auf.
- Auch Friendsurance war im Juli erfolgreich: Der Berliner Versicherungsinnovator, unter anderem von WHU-Alumnus Tim Kunde (D 2004) gegründet, schloss eine weitere Finanzierungsrunde einer späten Phase ab. Das Unternehmen zählt zu den Pionieren im Bereich Peer-to-Peer-Versicherungen.
August
- In diesem Monat gab es keine relevanten Updates.
September
- Das US-amerikanische Biotech-Unternehmen Onconetix, von WHU-Alumnus Joseph Hernandez, erhielt im September 11,7 Millionen Euro in einer Private-Placement-Finanzierungsrunde. Das Unternehmen entwickelt innovative Krebstherapien und Diagnostiklösungen.
- revel8, mitgegründet von WHU-Absolvent Julius Muth (MSc 2020), sicherte sich 7,0 Millionen Euro in einer Seed-Finanzierungsrunde. Das Berliner Start-up nutzt KI, um Unternehmen mit realistischen, personalisierten Simulationen vor Social-Engineering-Angriffen – also der Beschaffung sensibler Daten durch betrügerische Methoden – zu schützen.
- Das Potsdamer Unternehmen K2 Mobility, gegründet von WHU-Alumnus Markus Kröger (D 2001), fokussiert sich auf Softwarelösungen für Energiemanagement und Ladeplanung im Schwerlastverkehr. Mit seiner SaaS-Plattform trägt das Start-up zur Elektrifizierung von Logistikflotten bei und stärkt so nachhaltige Mobilität. Das Start-up hat erfolgreich Wagniskapital in unveröffentlichter Höhe in einer frühen Phase eingenommen.
- In London entwickelt Conduct, mitgegründet von WHU-Absolvent Jan Philipp Haas (BSc 2015), KI-basierte Lösungen für Unternehmenssoftware. Das Start-up erhielt 10,9 Millionen Euro in einer Seed-Finanzierungsrunde, um seine Plattform zur Modernisierung veralteter IT-Systeme weiter auszubauen.
- Constant Energy aus Bangkok, ins Leben gerufen von WHU-Alumnus Franck Constant, schloss eine Finanzierungsrunde über 8,6 Millionen Euro ab. Das Unternehmen betreibt und investiert in Solarenergieanlagen in Südostasien und unterstützt Unternehmen bei der nachhaltigen Stromversorgung.
- Das litauische Start-up MELP, von WHU-Gründer Robertas Šaltis (EMBA 2008), erhielt 1,25 Millionen Euro in einer Seed-Finanzierungsrunde. Mit seiner Kommunikationsplattform stärkt das Unternehmen die interne Zusammenarbeit und Mitarbeiterbindung in Organisationen.
- Das Münchener HR-Tech-Unternehmen Pactos, gegründet von den WHU-Alumni Antonio Zill (BSc 2019, MSc 2021) und Philipp Eckert (MSc 2022), sicherte sich 2,7 Millionen Euro an Seed-Finanzierung. Mit seiner KI-basierten Plattform revolutioniert das Start-up das Management externer Arbeitskräfte und Freelancer.
- Das niederländische Health-Tech-Start-up Easee, mit WHU-Gründer Yves Prevoo (EMBA 2016), wurde übernommen. Das Unternehmen bietet weltweit den ersten CE-zertifizierten Online-Sehtest an und macht augenärztliche Untersuchungen digital zugänglich.
- In der Schweiz wurde betterview, mitgegründet von WHU-Alumnus Michael Wendt (BSc 2011), gekauft. Das Unternehmen zählt zu den führenden Anbietern für Laser-Augenbehandlungen und refraktive Chirurgie.
- Das Start-up encentive wurde von WHU-Absolvent Nicolàs Juhl (BSc 2011) mitgegründet und erhielt 6,3 Millionen Euro in einer Seed-Finanzierungsrunde. Die Energieplattform des Unternehmens hilft Industriebetrieben, Stromkosten und CO₂-Emissionen durch intelligente Verbrauchssteuerung zu senken.