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22.07.2025

Fünf Fragen an Famville

„Famville soll eine Art Ökosystem für Eltern werden“

Gründerin Alena Giwojna (PTMBA 2021) hat eigentlich einen ganz anderen Weg eingeschlagen: Die 34-Jährige ist promovierte Molekularbiologin, forschte in der Krebsmedizin und arbeitete an der Entwicklung lebensrettender Medikamente. Ihr Start-up widmet sich einem ganz anderen Thema: dem Familienalltag. Ende Februar hat Alena Giwojna ihre App Famville gelauncht – eine Plattform, über die Eltern für sich, ihre Kinder und Familien schnell und einfach geeignete Veranstaltungen und Unternehmungsmöglichkeiten in der Umgebung finden können und über die sie sich schnell, einfach und gezielt miteinander vernetzen können. Sie können Interessen, Alter und Sprachhintergründe ihrer Kinder abgleichen, sich zu Spieldates verabreden und neue Freundschaften schließen. Mit uns spricht Alena darüber, wie Famville entstanden ist und was ihr MBA an der WHU damit zu tun hat. 

Alena, du hast einen PhD in Molekularbiologie. Wie bist du auf die Idee gekommen, eine App für Eltern und Kinder zu entwickeln? 

Ich bin von Haus aus Wissenschaftlerin und habe in Heidelberg promoviert. Tatsächlich war ich in der Forschung ziemlich erfolgreich, aber für Frauen ist die Wissenschaft ein schwieriger Bereich. Nur ein geringer Prozentsatz der Wissenschaftlerinnen schafft es, an die Spitze zu kommen – und je weiter man sich nach oben arbeitet, desto mehr bürokratische Arbeit fällt an. Das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich wollte auf eine unmittelbarere, praktischere Weise zur Gesellschaft beitragen. Deshalb bin ich in die Industrie gegangen, mein Schwerpunkt lag auf der Entwicklung von Arzneimitteln mithilfe von KI. Viele meiner Ideen konnte ich aber mangels ausreichender Geschäftskenntnisse nicht umsetzen, weshalb ich mich entschieden habe, den Part-Time MBA an der WHU zu machen. Das war 2019. 

Der Part-Time MBA war der zündende Anlass für deine Idee?

Hätte ich den MBA nicht gemacht, wäre Famville hundertprozentig nicht entstanden. Während meines MBAs habe ich angefangen, darüber nachzudenken, was wäre, wenn ich mich selbständig machen würde. Ich habe alle Vorlesungen zu Entrepreneurship besucht, die es gab. Dann bin ich schwanger geworden, sodass ich in der zweiten Hälfte meines Studiums ein Neugeborenes zu versorgen hatte. Ich bin damals gleichzeitig auf zwei Ebenen gewachsen – als Unternehmerin und als Mutter.

Ganz schön anspruchsvoll…

Ja, das war es. Vor allem weil sich parallel die ganze Welt im Lockdown befand. Es war 2020 und die COVID-19-Pandemie hatte gerade erst begonnen. In meiner Situation fühlte ich mich sehr einsam und isoliert. Ich war Ausländerin, Mutter und die Erste in meinem Freundeskreis und in meinem Jahrgang mit einem Kind. Irgendwie gehörte ich nirgendwo so richtig dazu. Und in der Welt der Mütter ging es nur um Windeln und Kindesentwicklung, was mir auch zu einseitig war. Als mein Kind dann älter wurde, habe ich wahnsinnig viel Zeit damit verbracht, mich und mein Kind zu verabreden. Veranstaltungen finden, Tickets buchen, eine SMS hier, eine SMS dort. All diese Informationen sind über das Internet verstreut, und die Recherche kostet Zeit und Mühe, die niemand sieht. Und Zeit ist die wertvollste Ressource, die Eltern, insbesondere berufstätige Eltern, haben. Ich wollte das alles vereinfachen und unbedingt Gleichgesinnte finden, die mich und meine Probleme verstehen konnten und auch gleiche Interessen hatten. 

Ich habe verschiedene Apps ausprobiert, um mit anderen Eltern in ähnlichen Situationen in Kontakt zu kommen. Aber entweder haben die Apps an meinem Wohnort nicht funktioniert oder sie hatten nicht die Funktionen, nach denen ich gesucht hatte. Einige hatten nur sehr wenige familienfreundliche Veranstaltungen im Programm oder überhaupt keine Kinder in ihr Angebot integriert. Also habe ich mich entschieden, Famville zu gründen – um auch anderen Eltern in dieser Situation zu helfen.

Wie bist du gestartet? 

Ich hatte ein persönliches Budget von 2000 Euro, um die Firma zu gründen. Erstmal habe ich Umfragen mit 400 Millennial-Eltern gemacht, die ich mir mühsam über Facebook-Gruppen zusammengesucht habe. Was sind die größten Probleme, mit denen du dich konfrontiert siehst? Wie viel Zeit verbringst du damit, nach Aktivitäten zu suchen, Playdates zu organisieren? Hast du genug Freunde für deine Familie? Das waren Fragen, die ich gestellt und ausgewertet habe. Es stellte sich heraus, dass fast alle die gleichen Schwierigkeiten hatten: 90 Prozent der Eltern wollten andere Eltern bzw. Familien kennenlernen, konnten dies in ihrer aktuellen Situation aber nicht umsetzen und fühlten sich einsam. Zudem haben alle wahnsinnig viel Zeit damit verbracht – bis zu vier Stunden pro Woche – um Spielverabredungen zu organisieren und nach Aktivitäten für ihre Kinder zu suchen. 

Wo stehst du jetzt – und welche Ziele hast du für Famville?

Aktuell optimieren wir die App und führen eine Bezahlschranke ein. Momentan sind wir von der Nutzung noch auf Düsseldorf, Bonn und Köln beschränkt, das wollen wir in naher Zukunft auf jeden Fall ändern und erweitern. Und klar, natürlich möchte ich irgendwann mit der App Geld verdienen. Zunächst standen mir noch rund 14.000 Euro aus dem NRW-Gründerstipendium zur Verfügung, diese habe ich dafür genutzt, das Minimum Viable Product (MVP) zu entwickeln, die Marktfähigkeit des Produkts zu validieren, die Infrastruktur der App auszulagern und zu entwickeln. Seit wir im Februar an den Start gegangen sind, konnten wir innerhalb eines Monats 400 Downloads und 200 aktive Nutzer verzeichnen, ein sehr gutes Ergebnis. Mittlerweile besteht Famville aus einem Team aus sieben Leuten, die alle unentgeltlich arbeiten. Mein Ziel ist, dass Famville eine Art „Ökosystem für Eltern“ bietet, in dem diese für sich und ihre Kinder offline Qualitätszeit schaffen können. Ich wünsche mir, dass alle Eltern die App irgendwann auf ihrem Handy haben und sie ganz selbstverständlich nutzen, so wie Uber zum Beispiel.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.

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